Über mich

Hallo liebe Besucher,

im Folgenden lest Ihr keine Vita, sondern ich habe meine Entwicklung zum Barfußläufer aufgeschrieben. Eine detaillierte Schilderung der genauen lauftechnischen Problemfelder hätte hier den Rahmen gesprengt, diese Infos findet Ihr unter der Rubrik “Barfuß-Infos“. Kurz geworden ist die Zusammenfassung trotzdem nicht, da ich es für sehr wichtig halte, keine kurzen Rahmen-Infos eines individuellen Wegs einfach zu kopieren, sondern immer zu versuchen, Zusammenhänge zu verstehen und sich mit verschiedenen Denkweisen auseinanderzusetzen. So entstand meine:

Wie alles begann

Unter dem vollständigen Namen Alexander Kiesow wurde ich am 29. Juni 1968 in Ludwigshafen am Rhein geboren und lebe dort immer noch. 

Nach meinem Abitur 1987 und dem Zivildienst, der sich damals zwischen Oktober 1988 und Mai 1990 noch über 20 lange Monate erstrecken musste, studierte ich 5 Semester Grundschulpädagogik in Heidelberg und Landau. Bald stellte ich aber fest, dass mich ein Leben als Musiker mehr reizte, machte alternativ einen Abschluss an der Frankfurter Musikwerkstatt und genoss fortan mein Leben als ”Künstler”. 

Nicht zuletzt dieses, in der allgemeinen Vorstellung so frei und unbeschwert scheinende Leben, führte mich 1998 zum Laufen. Viel zu viele Kilos, 30 bis 40 Zigaretten am Tag, eine ständige Tag- und Nacht-Verschiebung und Alkoholmissbrauch sorgten in meiner jungen Musikerkarriere für so viel körperliches Verbesserungspotential, dass ich direkt zur Planung eines Marathons überging, um mich leichter wieder auf den rechten Weg zu bringen. Selbstverständlich mit herkömmlichen Laufschuhen, warum sollte ich diese elementare Errungenschaft unserer Zivilisation auch in Frage stellen? Ein Fuß steckt immer in einem Schuh, wenn man das Haus verlässt und damit ist Schluss mit Denken ...

Die ersten Laufschritte – orthopädische Einlagen

Bereits die ersten vorsichtigen Lauf-Versuche über wenige Minuten brachten mich vollständig an meine körperlichen Grenzen. Abgesehen von meinem zu erwartenden desolaten konditionellen Zustand schmerzten mir sofort beide Knie nach wenigen hundert Metern. Einem Gang zum Arzt folgte die Diagnose irgendwelcher Füße. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, ob das Urteil genau Senk-, Platt-, Spreiz- oder Von-allem-etwas-Füße lautete, Tatsache war, dass meine Füße so schlecht ihren Dienst verrichteten, dass sich das bis zur Stellung meiner Knie nach oben fortsetzte und sich dort erst bemerkbar machte. 

Der mir von Arzt verschriebene, von der Laufdiagnose empfohlene und vom orthopädischen Schuhmachermeister gerne verkaufte, alternativlose Schlüssel zum Glück hieß: Orthopädische Einlagen!

Ich möchte hier aber weder diese technische Errungenschaft oder gar die Schulmedizin anklagen, die mich 17 Jahre lang diesbezüglich in eine vollkommen falsche Richtung laufen ließen, denn es gehören immer mindestens zwei Seiten zu einem Deal. Niemand anderes als ich selbst hat sich unkritisch und zufrieden mit einer Symptombehandlung, gut gelaunt in die Welt des Langstreckenlaufens gestürzt. 

Die erste Marathonphase – in Schuhen

Nach zwei Jahren, im September 2000 finishte ich planmäßig meinen ersten Marathon in Karlsruhe und bis Oktober 2008 folgten 23 weitere. Diese waren allerdings nicht sehr gleichmäßig verteilt. Nach meinem zweiten Marathon im Jahr 2001 fiel ich, nach dem Tod meines Vaters, erneut der Zigarette zum Opfer. Laufen war für mich somit wieder völlig undenkbar und ich schaffte den endgültigen Absprung vom Nikotin dann erst im Jahr 2003, dem Geburtsjahr unseres Sohnes. Eine zwar etwas schwülstige, aber wie ich finde, doch bezeichnende Parallele zwischen Stillstand und Bewegung zu Leben und Tod. 

Im Jahr 2004 folgte Marathon Nummer drei und 3 weitere bis Oktober 2006. Kurz vor der Geburt unserer Tochter konnte ich in diesem Jahr auch endlich meinen letzten Tropfen Alkohol trinken und es ging, als ob mein Körper auf dieses Signal gewartet hatte, 2007 mit häufigeren Marathons los. Waren es 2007 noch 6 Marathons, folgten 2008 bereits 16. Das war das erste Jahr, in dem ich auch ab und zu die Marathondistanz ohne Veranstaltung, einfach für mich lief. 5 der 16 Laufreisen in 2008 waren dieser Art. Außerdem mutierte ich in diesem Jahr zum Ultramarathoni. Im April 2008 lief ich bei der wunderschönen Veranstaltung ”Harzquerung” im Thüringer Wald mit 51 km erstmals eine längere Distanz als 42,195 km. Die oben erwähnten 16 Marathons beinhalteten noch drei weitere Ultras in diesem Jahr, einmal die 50 km der Schwäbischen Alb, einmal 60 km beim leider mittlerweile eingestellten 6-h-Lauf von Fellbach und als Krönung die 100 km von Leipzig. Für diese klassische Ultradisziplin benötigte ich 11:40 h, das ist nicht besonders schnell, darauf legte ich aber auch keinen besonderen Wert. Der Lauf machte einen Riesenspaß und war für mich das Signal, dass jetzt die richtigen Ultras über 100 Meilen, 24 h, etc. kommen konnten. 

5 Jahre Laufpause

Aber es kam ... ein Klavier. 

Die fixe Idee, nicht mehr als Saxophonist in Bands spielen zu wollen, sondern lieber als Solist am Klavier, brannte 5 Jahre lang in mir und ich übte in jeder freien Minute täglich 5 Stunden lang. Neben Familie und Job war dieses zeitraubende Projekt nur mit härtester körperlicher Beanspruchung durchzuführen und endete diesmal zwar nicht bei Zigaretten und Alkohol, dafür aber bei 105 kg Körpergewicht und, wie bei meinen Laufanfängen 1998, wieder in einem desaströsen Zustand meines Körpers. 

Der Wiedereinstieg – erste Zweifel am Gewohnten

Anfang 2014 sollte es wieder mit dem Laufen, vor allem aber zunächst mit dem Abnehmen losgehen und ich begann parallel zu den ersten Schritten diese auf Facebook zu dokumentieren. Die Blogseite ”Mein Weg zum Rohkostmarathon” sollte mir einerseits durch die zwingend notwendige mentale Nachbearbeitung meiner Lauf- und Essentwicklung helfen, am Ball zu bleiben, aber auch etwas Öffentlichkeitsdruck aufbauen, um mich in zweifelnden Situationen vielleicht etwas schneller wieder auf den rechten Weg bringen zu können. 

Der Wiedereinstieg ins Laufen gelang reibungslos, die erfolgreiche Umstellung auf eine sinnvolle, wie auch immer geartete Ernährung, wurde mit der Zeit allerdings fast schon zu einem Running Gag :-)

Bei diesem Wiedereinstieg bahnten sich die ersten Signale einer Infragestellung herkömmlicher Laufschuhe an. Individuell angepasste, orthopädische Einlagen muss man, so wird es empfohlen, jedes Jahr neu vermessen lassen, so genau habe ich das aber vorher noch nie genommen. Nach über 5 Jahren Laufpause bekam ich allerdings Angst, meine Füße unzureichend auszustatten, wenn ich ohne Einlagen, nur in meinen fetten, pronationsgestützten Schuhen versuchen würde, neu zu starten. Das Samenkorn der Revolution war gesät. ”Ich muss ... ”, dieser unangenehme Befehl war schon das Erste, was mich zum Nachdenken brachte. Und wie es so meine Art ist, wenn mir etwas nicht passt, bohrte ich immer häufiger immer tiefer in diesen Bereich hinein. Wer sagt eigentlich, dass ich das muss? Warum sollte ich meine Füße mit Schuhen und Einlagen überhaupt künstlich verstärken? Sind sie zu schwach, dann kann ich sie doch stärken, oder warum sollte das nicht funktionieren? Schließlich war ich in den 5 lauffreien Jahren auch ohne Einlagen schmerzfrei. So schlimm, dass ich zwingend auf Orthesen angewiesen sein musste, um im Laufschritt, einer vollkommen natürlichen Bewegungsform, problemlos voranzukommen, konnte meine Situation doch nicht sein. Das selbständige Denken begann. 

Die Ahnung, dass hier etwas nicht zusammenpasst, blieb, aber ich wollte zunächst vorrangig wieder in einen Laufrhythmus kommen, wieder Marathons laufen und einfach den herrlichen Zustand von 2008 wiederherstellen. Dieser ”Hunger” nach Laufen ließ keinen Platz für Fragen, die das funktionierende System in seinen Grundwerten erschüttern könnten und schon gar nicht unliebsame Veränderungen mit sich bringen könnten. So lief ich im Oktober 2014 planmäßig meinen 30. Marathon in Frankfurt. Trotz miserabler 5:07 h auf Grund eines konditionellen Einbruchs, war ich mit dem Lauf für den Wiedereinstieg ins Marathongeschehen zufrieden. Immerhin standen da auch schon mal 3:22 h, ohne besondere Vorbereitung. Ich war trotzdem bester Dinge, bald wieder auf dem Leistungsstand vor der Pause zu sein. 

Im Mai 2015 folgte der nächste Marathon in Mannheim, der mir mit 3:45 h signalisierte, wieder ungefähr da zu sein, wo ich hergekommen war. In der Zwischenzeit schrieb ich eifrig meinen Blog, verbrachte dadurch immer mehr Zeit auf Facebook und stöberte zwangsläufig auch immer mehr in den dortigen Laufgruppen. Sehr auffällig war hier eine Läuferin aus München, die immer wieder über Ihre Läufe in Sandalen berichtete. In Sandalen. Ohne Schnickschnack. Ohne High Tech und mit einer großen Portion Missachtung des allgemein üblichen Denkens. Schnell war ein Kontakt hergestellt, der heute zu Ihr und Ihrem Mann immer noch besteht und es entstand immer mehr die Idee, dass das die Lösung meines Problems mit herkömmlichen Laufschuhen und Einlagen sein könnte. 

Zum ersten Mal “barfuß“ – mit Socken im Wald

Am 13. Mai 2015, 3 Tage nach besagtem Mannheim-Marathon und zeitgleich zu der Sandalen-Findungsphase packte mich ein relativ spontaner Impuls. Das ”Auslaufen” der vergangenen Langstreckenbelastung sollte barfuß passieren. So wie es von der Natur vorgesehen ist. Ohne Schnickschnack. Ohne High Tech. Klar, Natur schließt Asphalt aus, also musste ich in den Wald. Nur dort kann dort das ”Zurück zur Natur” optimal funktionieren. Klingt für Dich auch logisch, lieber Leser? Dann bist Du genau der richtige Kandidat für meine Coaching-Idee :-)

Trotz der natürlichen Vorstellung eines Walds hatte ich Bedenken, was auf den Wegen so alles herumliegen könnte, zog sicherheitshalber Laufsocken an und lief, typisch maßlos, gleich 10 km. Ich stoppte erst, als ich merkte, dass ich nun wirklich keinen Schritt mehr laufen konnte. Was die verhältnismäßig große Distanz etwas relativierte, war meine super langsame Pace. Ich brauchte 84 Minuten für die Strecke, eine Pace von deutlich über 8 min/km. Das war allerdings nicht meiner Vernunft geschuldet, sondern den teilweise übel geschotterten Bodenbelägen im Wald. 

Die Wirkung dieser Waldeinheit war sensationell. Ich konnte meine Füße und den Boden beim Laufen spüren! Wie krank ist es eigentlich, sich mit Schuhen die komplette Erlebniswelt die sich uns über unsere nervenreichen Füße erschließt, einfach hermetisch abzuriegeln? Und nicht nur das, ich spürte Reaktionen im Fuß, Reflexe, mein Quergewölbe - es war ein Aha-Erlebnis der ganz besonderen Art. Im Nachhinein kann ich diese Zeitspanne am Mittwoch, den 13. Mai 2015 guten Gewissens als eine absolute Neugeburt, zumindest meiner Füße, bezeichnen.

Während dieses Laufs wurde mir klar, dass das genau die Lösung meines Einlagen-Problems sein musste. Ich spürte Muskeln in den Füßen, von deren Existenz vorher noch nicht einmal etwas ahnte, kam mir vor, als ob ich das Laufen neu entdecken würde und vor allem, ich hatte keine Knieprobleme, obwohl ich doch ohne Einlagen war! In Schuhen ohne Einlagen waren maximal 2 km ohne Knieschmerzen denkbar. Sollten vielleicht erst die Schuhe meine Füße in die Stellung gebracht haben, dass Einlagen nötig wurden? Jahrzehntelange Vorstellungen begannen an der Basis zu zerbröckeln. 

3 Tage war ich danach laufunfähig. Ich hatte keine Schmerzen, aber brutalen Muskelkater. Allerdings war das ein Muskelkater an völlig neuen Stellen. In den Füßen, um das Sprunggelenk und vor allem den unteren Waden waren anscheinend Muskeln versteckt, die ich bisher nur selten bis überhaupt nicht ansteuerte. Ihre Präsenz zeigte mir aber deutlich, dass genau sie in der Lage sein könnten, meine bisher diagnostizierten Fehlstellungen zu korrigieren. 

Die Richtung war klar, die Barfuß-Thematik musste ich weiter verfolgen. Aber nicht mehr auf dieser ungeeigneten Waldstrecke. Einmal pro Woche wollte ich mir ab jetzt eine Barfuß-Laufreise gönnen und schaute mich intensiv nach einem geeigneten Areal für Barfußläufe um. Erst ein Tipp von außen machte mich auf die Speyerer Binnendünen aufmerksam. Ein Naturschutzgebiet, entstanden in der Eiszeit und nur wenige Male in Deutschland noch so großflächig erhalten, wie in Speyer. Paradoxerweise wird eines der beiden amtlich geschützten Dünen-Hauptfelder nach wie vor militärisch genutzt, wenn auch nur noch sporadisch. Diese Dünen wurden das elementare Trainingsgelände für meine folgende Entwicklung zum Barfußläufer. 

Hier findet man sowohl tiefen, weichen Sand, als auch die feste Variante und Wege, auf denen sich der Dünensand mit natürlichem Waldboden vermischt. Ein echtes Barfußlauf-Paradies, nicht ganz vor meiner Haustür, aber in 15 min leicht mit dem Auto zu erreichen.
 
Luna-Sandalen – das Ende von Laufschuhen

Nach den ersten 3 Wochen mit jeweils einem Barfußlauf, der dritte ging bereits über 14 km, kamen meine ersten Lauf-Sandalen der Firma Luna mit einem Postpaket. Ich kann mich nicht erinnern, mich jemals vorher über ein Paket dermaßen gefreut zu haben. Sollten mir doch diese Minimalschuhe die neu entdeckte Gefühlswelt ohne Schuhe auch den Weg zu Marathons auf Asphalt ebnen. Zwar mit freien Füßen und vor allem Zehen, aber mit dem mir zwingend erschienenen Schutz der Fußsohlen vor der vermeintlich bösen und gefährlichen Straße. Ganz ohne Schuhe kam mir ein Marathon auf Asphalt völlig unvorstellbar vor.

Eine Woche später knackte ich barfuß die Halbmarathon-Marke in den Dünen und bereits der dritte Lauf in Lunas, nur 14 Tage nach deren Verschickung, war ebenfalls ein Halbmarathon. Barfuß in 2:13 h und 2:25 h in Lunas. Das war zwar deutlich langsamer, als ich in herkömmlichen Schuhen unterwegs war, wenn ich heute auf diese Zahlen schaue muss ich mich aber wirklich wundern, warum es ein halbes Jahr brauchte, bis es endlich geknallt hat. 

Mir war zwar klar, dass die Umstellung auf barfuß und Lunas viel zu schnell ging, die Warnungen der Insider in den betreffenden Foren sind voll davon, mittlerweile auch von meinen, aber man muss es ja immer erst am eigenen Leib erfahren. 

Das Entscheidende beim ”Natural Running”, das das Barfuß- und das Minimalschuhlaufen vereint, ist die Vorfußlauftechnik. Hier auf der Webseite findet Ihr unter der Rubrik ”Barfuß-Infos” mehr dazu. Da ich als ausgeprägter Fersenläufer mit Fehlstellung, leicht übergewichtig und mit zu diesem Zeitpunkt schon 47 Jahren gleich alle vier Haupt-Risikofaktoren bei den Voraussetzungen für Überlastungs-Verletzungen bei einem Umstieg auf die Barfußlauftechnik in mir vereinte, war mir klar. Aber alles fühlte sich so leicht, ursprünglich und sinnvoll an, dass ich keine Veranlassung sah, mich zu bremsen. Ich erklärte mir das mit meiner doch recht großen Marathon-Erfahrung von bis dato 32 Läufen und machte sehr motiviert, ohne jedes Problem weiter. 

Am 8. Juli, knapp 2 Monate nach meiner ersten Barfußerfahrung lief ich noch ein letztes Mal in meinen guten alten Asics mit korrekt eingelegten orthopädischen Einlagen, danach verschwanden alle 4 Paar Laufschuhe und die Orthesen im Keller. Entsorgen wollte ich sie erst einmal nicht, denn so ganz traute ich der Sache noch nicht. Außerdem waren diese Relikte zwar leider, aber trotzdem auch, ein Teil von mir. 

Die ersten Marathons – auf dem Weg zum Muskelfaserriss

Im September 2015 war es dann soweit, ich konnte meinen ersten Straßenmarathon im natürlichen Laufstil finishen. In vorsichtigen aber durchweg positiven 5:14 h konnte ich mir in Karlsruhe nicht nur die Gewissheit erlaufen, alles richtig gemacht zu haben, sondern ich wollte jetzt mehr. Der bereits gemeldete Frankfurt-Marathon fünf Wochen später kam mir viel zu weit weg vor und ich fuhr 14 Tage nach Karlsruhe spontan nach Heidelberg um den dortigen Trailmarathon mit 1500 Höhenmetern zu laufen. Natürlich ohne vorher Höhenmeter, außer bei Autobahnbrücken, trainiert zu haben oder mich mit mit den Laufeigenschaften von Sandalen auf matschigen Trails im Wald in irgendeiner Weise auseinandergesetzt zu haben. Aber selbst das war zunächst kein Problem. Die harten Bedingungen schaffte ich konditionell leicht durch ein sehr langsames Tempo, das mich nach 6:26 h nicht als letzter ins Ziel brachte. Das Rutschen auf dem vom vorherigen, tagelangen Regen aufgeweichten Waldboden, war bei den Kollegen mit ”professionellem” Trail-Schuhwerk nicht weniger, als bei mir. 

In den darauffolgenden Tagen spürte ich deutlich die Folgen der hohen Beanspruchung in meinem schwächsten Glied der Muskelketten, den Waden. Runterfahren war angesagt, was sich bei mir in nur 4 Laufeinheiten in den 3 Wochen bis zum Frankfurt-Marathon äußerte, aber natürlich musste trotzdem ein 20 und ein 30 km Lauf dabei sein. 

Aber ich trieb es noch weiter auf die Überbelastungs-Spitze. Beim Frankfurt-Marathon spürte ich bereits auf dem ersten km ein klares Signal in der Mitte der linken Wade, dass ein Marathon jetzt keine gute Idee wäre und reagierte zwar mit langsamem Tempo, aber mehr wollte ich meinem Körper nicht zugestehen. Heute ist mir klar, ich hätte den Lauf abbrechen müssen. Irgendwie kam es nach 5:17 h mit gar nicht so viel verschlechterter Wadensituation fast schon unerwartet doch noch zu einem Finish, das Überlastungsgefühl blieb aber deutlich lange und intensiv noch weiter bestehen. Aber selbst das hätte mir meine Wade noch verziehen, hätte ich sie nun einfach in Ruhe gelassen, aber nein, auf die anstrengenden 3 ersten Luna-Marathons in nur 5 Wochen setzte ich drei Tage später noch 14 km barfuß und als ich am übernächsten Tag wieder in Lunas loslaufen wollte, zeigte mir mein Körper endlich, was er mir schon wochenlang über meine linke Wade mitteilen wollte. 

Irgendetwas, vielleicht eine Muskelfaser, oder ein Bündel oder auch die Faszie, ich habe es nicht untersuchen lassen, knackte und riss. So deutlich, dass ich es sogar hören konnte. Gott sei Dank passiere das schon nach etwa 1000 Metern, denn diese Distanz musste ich dann auf dem rechten Bein wieder nach Hause humpeln, selbst gehen oder nur auftreten war mit links nicht mehr möglich. Nun war mir klar, was mein Körper mir signalisieren wollte. 

Der Beginn einer sinnvollen, achtsamen Umstellung

Nach zwei Wochen völliger Laufpause begann dann meine wertvolle Entdeckung der Langsamkeit und der Achtsamkeit. Die Entschleunigung und Einhaltung unbedingter Ruhetage nach Laufbelastungen, auch wenn sie sich noch so locker anfühlten, hat sich zu 100 % bewährt und ich sehe sie mittlerweile als sinnvolle Methode an, um sich problemlos auf den Barfußlaufstil umstellen zu können. 
Bei jedem Lauf achtete ich weiterhin darauf, dass ausschließlich der Körper das Tempo bestimmte. Egal wie langsam es mir am Anfang erschien, egal, nach welchen Beschleunigungen oder Verlangsamungen er während einer Laufeinheit verlangte. Egal. Nur der Körper, keine Zahlenziele. 

Seitdem funktionierte der weitere Fortgang meiner Umstellung ohne weitere ernstzunehmende Komplikationen. Trotz der bereits erreichten Marathons betrachtete ich mich weiterhin als “in der Umstellung“ befindlich, da ich mein altes Leistungspotential noch lange nicht wieder erreicht hatte.

Der Lohn - Barfußultra

2016 folgten 7 weitere Marathons, 4 in Lunas und auch die ersten drei barfuß. Die Barfuß-Premiere war zunächst noch auf dem Naturboden rund um den Zieselsmaarsee in Kerpen und mein Barfuß-Asphalt-Debüt folgte im September in Berlin. Ich war mir bis relativ kurz davor immer noch nicht sicher, ob meine nackten Fußsohlen der Belastung auf Asphalt wirklich standhalten können. Und das nach fast 1,5 Jahren Barfuß-Lauferfahrung, so tief saß der Respekt vor Asphalt. Dass man um so leichter barfuß läuft, je härter ein Untergrund ist, natürlich darf er nicht besonders rau und uneben sein, war mir eigentlich erst nach Berlin wirklich klar. Die Angst war weg und eine Woche später lief ich in Bremen völlig locker schon den nächsten Barfuß-Asphalt-Marathon. In 4:05 h sogar 26 min schneller als eine Woche zuvor in Berlin. 

Im Jahr 2017 folgten 9 Marathonveranstaltungen, 6 davon barfuß auf Asphalt. Dazu kamen 13 private Marathons, davon 9 barfuß. 7 auf Asphalt und 2 in den Dünen.

2018 wurde mein Luna-Anteil immer geringer und ich war zu 80 % barfuß unterwegs. 27 Marathons, davon 15 Veranstaltungen und insgesamt 19 barfuß kamen in diesem Jahr auf meine Sohlen. 

Der Januar 2018 war dabei ein sehr wichtiger Monat. Das unerwartete Barfuß-Finish beim 50-km-Lauf in Rodgau war für mich das Signal, die Umstellung auf den Barfußlaufstil vollzogen zu haben Auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles vollständig optimiert war, es zählte das Finish des Rodgau-Ultras auf seiner auch für Schuhläufer anspruchsvollen Mischung aus Asphalt-, Wald- und Schotterwegen.

Barfuß im Alltag

Parallel zu dieser Barfuß-Entwicklung wurde es naheliegend, auch im Alltag immer mehr auf Schuhe zu verzichten. Warum sollte ich nach einem 42,2 km langen barfüßigen Marathon mich auch in Schuhe zwängen um mal eben etwas einzukaufen oder spazieren zu gehen? Aber so falsch aufgezäumt wie das jetzt klingt, ist es gar nicht. Man darf nämlich nicht den psychologischen Faktor beim Barfuß-Sein vergessen. Wenn ich barfuß Sport treibe, hat es immer einen funktionellen Charakter, gehe ich barfuß in einen Supermarkt, so mag das für mich funktionell sein, für die breite Masse, und die ist in diesem Beispiel wirklich breit, nämlich in der Regel alle anderen, ist es im besten Falle wie ein Besuch vom Mars, verunsicherte Personen, die mitleidig, entsetzt, angewidert, verständnislos, etc. schauen oder reagieren, sind zwar nicht die Regel, aber das muss man nehmen können und wollen. Das hat bei mir eine zeitlang gedauert. Zwar habe ich parallel zur Entsorgung meiner herkömmlichen Laufschuhe auch meine herkömmlichen Alltagsschuhe verbannt, war aber bis Sommer 2017 in der Öffentlichkeit noch mit Luna- oder Xero- Sandalen unterwegs. Etwa seit diesem Zeitpunkt lasse ich Sommer wie Winter auch diesen Hauch von Schuh aus. 

Mittlerweile wird das Thema Barfußlaufen und -gehen in meinem Alltag auch immer mehr durch interessierte Rückmeldungen geprägt. Sogar die Presse wurde mehrfach aufmerksam, dass es in dem kleinen Ort Assenheim in der Pfalz jemanden gibt, der seine Füße benutzt. Seitdem spricht mich nicht nur ständig mein direktes Umfeld an, sondern auch wildfremde Leute suchen Kontakt, weil sie auf der Suche nach Tipps für einen sinnvollen Einstieg in alle Bereiche des Barfuß-Seins sind . Sowohl zum Barfußgehen, als auch zum Laufen, oder für Zehengymnastik, allgemeine Koordinationsübungen, oder psychologische Stütze, all das wird offensichtlich gebraucht. 

So entstand fast schon zwangsläufig diese Webseite auf der viele Tipps, Infos und Links zum Thema Barfuß zusammengefasst sind. Des Weiteren wird hier nach und nach auch mein Dienstleistungs-Angebot für Coachings, Kurse, ein Lauftreff und gemeinschaftliche Barfuß-Aktionen wachsen. 

Jede Woche einen Marathon - Das A-Team

In der 3. Kalenderwoche 2019 begann, zunächst völlig unbeabsichtigt, eine Serie wöchentlicher Marathons, die bis jetzt schon 65 Wochen anhält (Stand KW 15 2020). Mittlerweile hat sich das wöchentliche Marathonlaufen nicht nur als Quelle der guten Laune bewährt, es unterstreicht mit jeder weiteren verletzungsfreien Woche die Nachhaltigkeit meines Wegs des Natural-Runnings. Außerdem zeigt es Neueinsteigern, wohin die Reise gehen kann, wenn man konsequent dranbleibt und dabei immer körpergerecht agiert. "Mach langsam, dann gehts schneller"- unter diesem Motto ist meine Kollegin Daisy Rossbach, mit der es nach dem Arbeitsverbot während der Corona-Krise hoffentlich bald zum ultimativen Start des gemeinsamen Barfuß-Coachings kommen wird, auch seit 22 Wochen bei den Serien-Marathons mit dabei. Als "A-Team" verfügen wir mittlerweile über eine so große Menge an Barfuß-Erfahrung, dass Ihr Euch bei uns gut aufgehoben fühlen werdet und freuen uns darauf, sowie es uns nach dieser schweren Zeit wieder erlaubt ist, mit Euch zu arbeiten. 

Viel Spaß beim Stöbern auf dieser noch nicht ganz vollständigen Seite und bis bald,

Alex Kiesow
 
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